Seit 1961 gilt nach § 233a und § 238 AO ein Steuernachzahlungs-Zinssatz von 0,5% pro Monat resp. 6% pro Jahr. Bereits mit Urteil IX B 21/18 vom 25.04.2018 stellte der BFH fest, dass dieser – insbesondere aus heutiger Sicht – extrem hohe Zinssatz mit der wirtschaftlichen Realität und dem dauerhaft niedrigen Marktzinsniveau nicht vereinbar ist. Ein BMF-Schreiben wies die Finanzämter dementsprechend an, auf Antrag des Steuerpflichtigen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015 (um diesen Zeitraum ging es in dem verhandelten Einzelfall) die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Eine aktuelle BFH-Entscheidung (VIII B 15/18 vom 03.09.2018) bestätigt diese Rechtsprechung und erweitert sie für Zinszeiträume ab November 2012.
Das Bundesverfassungsgericht hat angekündigt bis Ende des Jahres über zwei laufende Verfahren zu entscheiden (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 21422/17). Auch der Gesetzgeber hat nun reagiert: Es gibt einzelne Gesetzesvorlagen auf Länderebene, den Zinssatz auf 0,25% pro Monat resp. 3% pro Jahr herabzusetzen.
Unsere Praxis-Tipps für Sie:
- Für Zinsfestsetzungen ab April 2015 werden die Finanzämter auf jeden Fall auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung gewähren.
- Nach diesem aktuellen BFH-Urteil kann nun zusätzlich für die Zeiträume ab November 2012 bis März 2015 die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
- Darüber hinaus sollte gegen alle Zinsbescheide für Verzinsungszeiträume nach dem 31.12.2009 Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Wir ziehen diese zeitliche Grenze wegen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009, in der eine Verfassungswidrigkeit der Verzinsung für frühere Zinszeiträume abgelehnt worden war.
- Dies empfehlen wir ausdrücklich nicht nur im Fall von Nachzahlungszinsen, sondern für alle Zinsbescheide mit Bezug auf den Zinssatz von 0,5% pro Monat nach § 238 AO, also beispielsweise auch für Hinterziehungszinsen oder Stundungszinsen.
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