Die erkennbare Absicht, umsatzsteuerbare und vorsteuerabzugsberechtigte (insbesondere umsatzsteuerpflichtige) Leistungen zu erbringen, genügt für den vollen Vorsteuerabzug (von Holdinggesellschaften) selbst dann, wenn die beabsichtigten Umsätze letztlich nicht erbracht werden konnten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat seine langjährige Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug beim (ggf. lediglich beabsichtigten) Erwerb von Beteiligungen gestern (17.10.2018) mit dem Urteil In der Rechtssache Ryanair (C-249/17) konsequent weitergeführt.

Wir hatten im Juli berichtet, dass selbst Holdinggesellschaften nach dem Urteil Marle Participations (C-320/17) vom 05.07.2018 grundsätzlich den vollen Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen beanspruchen können, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligungen an diesen Tochtergesellschaften stehen. Einzige Voraussetzung ist, dass die Holding an diese Tochtergesellschaften irgendwelche umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt.

In Erweiterung dieser Urteilsgrundsätze hat der EuGH gestern entschieden, dass es für den Vorsteuerabzug genügt, wenn zunächst lediglich erkennbar die Absicht besteht, umsatzsteuerpflichtige Leistungen an ein Unternehmen zu erbringen – dies gilt selbst dann, wenn der Erwerb der Anteile an diesem Unternehmen und damit auch die Erbringung dieser Leistungen letztlich aufgrund unüberwindbarer rechtlicher Hürden nicht zustande kommen konnte.

Wiederum wird diese Sicht von WIPFLER & PARTNER für Sie schon seit Jahren gegenüber der Finanzverwaltung vertreten.

Seit Jahrzehnten ist durch den EuGH für Nicht-Holdinggesellschaften geklärt, dass die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft nicht erst mit der erstmaligen Erbringung von Leistungen dokumentiert wird, sondern bereits mit der erkennbaren Absicht umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen, selbst wenn diese Bemühungen letztlich nicht von Erfolg gekrönt sind. Auch der Vorsteuerabzug aus in diesem Zusammenhang bezogenen  Leistungen ist demzufolge nach den allgemeinen Grundsätzen zu gewähren. Diese Erkenntnisse sind im obigen Urteil konsequent auf den Streitfall angewendet worden, womit nunmehr endgültig bewiesen wäre: „In der Mehrwertsteuersystemrichtlinie finden sich keine Spezialvorschriften für Holdinggesellschaften – nach der Rechtsprechung des EuGH gibt es solche weder für Finanz- noch für Funktionsholdinggesellschaften “.

Ralf Stepholt
Steuerberater
Partner