Bislang konnten auch Bruchteilsgemeinschaften Steuerpflichtiger im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein ( A 2.1 Abs. 2 S. 2 UStAE). In der Vergangenheit war der BFH der Ansicht, dass eine Bruchteilsgemeinschaft trotz einer fehlenden Rechtsfähigkeit ein Unternehmer sein kann, wenn diese selbst Umsätze ausführt.
Mit dem BFH-Urteil vom 22.11.2018 (Az. V R 65/17) wurde indes entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft – entgegen der bisher von der Verwaltung und dem BFH vertretenden Auffassung – kein umsatzsteuerlicher Unternehmer sein kann. Demnach ist ein Unternehmer nach allgemeinen Grundsätzen nur derjenige, der entgeltliche Leistungen erbringt. Da die Person des Leistungserbringers sich im Regelfall nach dem Zivilrecht richtet, kann eine nichtselbständige Bruchteilsgemeinschaft zivilrechtlich keine Verpflichtung eingehen und damit auch keine umsatzsteuerliche Leistung erbringen. Daher handelt es sich bei diesen Leistungen umsatzsteuerlich um anteilige Leistungen der einzelnen Gemeinschafter. Aus diesem Grund schuldet nicht die Bruchteilsgemeinschaft die Umsatzsteuer, sondern jeder beteiligte Gemeinschafter selbst. Obwohl die Gemeinschafter aus zivilrechtlicher Sicht Gesamtschuldner sind, besteht gem. § 44 AO keine Gesamtschuldnerschaft für die zu entrichtenden Steuern des anderen Gemeinschafters. Zu beachten ist, dass die Bruchteilsgemeinschaft die Steuer nach § 14c (2) UStG für den unberechtigten Steuerausweis schuldet und ihr dafür kein Vorsteuerabzug zusteht.
Abzusehen ist bereits jetzt, dass die Finanzverwaltung Vertrauensschutz wird gewähren müssen. Die Auffassung des BFH steht in offenem Widerspruch zur derzeitigen Fassung des UStAE, sodass mit einem zeitlich befristeten Nichtanwendungserlass gerechnet werden kann.
Bislang wurde das Urteil noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, sodass abzuwarten bleibt, wie die Finanzverwaltung auf die geänderte Rechtsprechung reagieren wird.
Unsere Praxistipps für Sie:
Die Verlagerung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft von einer Bruchteilsgemeinschaft auf die einzelnen Gemeinschafter wird in der Praxis zu Problemen beim Vorsteuerabzug und den damit zusammenhängenden Formalitäten führen. Es ist daher entscheidend auf eine ordnungsgemäße Rechnung zu achten. Der Vorsteuerabzug von den einzelnen Gemeinschaftern kann nur dann geltend gemacht werden, wenn die Rechnung über eine Lieferung oder sonstige Leistung an die Bruchteilsgemeinschaft gem. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG i. V. m. § 31 Abs. 2 UStDV den vollständigen Namen jedes einzelnen Gemeinschafters als Leistungsempfänger mit seiner vollständigen Anschrift enthält oder sich aus den Angaben eindeutig feststellen lässt.
Folglich hat jeder einzelne Unternehmer die sein Bruchteilseigentum betreffenden Umsätze und Vorsteuern in seine eigene Umsatzsteuererklärung aufzunehmen und gegenüber dem Finanzamt zu erklären bzw. abzugeben. Eine weitere Folge ist auch, dass nur der einzelne Beteiligte einspruchs- und klagebefugt ist.
Darüber hinaus kann die Änderung der BFH-Rechtsprechung zur Unter- oder Überschreitung von umsatzsteuerabhängigen Größen führen, wie z. B. beim Kleinunternehmerstatus (§ 19 Abs. 1 UStG), bei Erwerbs- bzw. Lieferschwellen (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 bzw. § 3c Abs. 3 UStG) oder der Häufigkeit der Umsatzsteuer-Voranmeldungen (§ 18 Abs. 2 UStG).
Zu beachten ist, dass diese Änderung der Rechtsprechung nicht nur die Erfindergemeinschaft (wie im o. g. Urteil) erfasst, sondern auch die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften. Nicht durch die neue BFH-Rechtsprechung tangiert werden die umsatzsteuerlichen Fragen betreffend einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die als teilrechtsfähige Personenvereinigungen einen Sonderfall darstellen.
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