In der Praxis kommt es hin und wieder vor, dass im Zusammenhang mit einem Anteilsverkauf, einer Umstrukturierung oder einer Refinanzierungsmaßnahme auch ein Besserungsschein, der zuvor durch einen entsprechenden Forderungsverzicht gegen Besserungsschein entstanden ist, mit übertragen wird. In diesem Zusammenhang hatte der BFH u.a. zu entscheiden, ob bei kurzfristigem Eintritt des Besserungsfalls ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vorliegt. Nicht höchstrichterlich zu entscheiden war indes, ob die den Verlustabzug einschränkende Regelung des § 8c KStG dem Abzug des Aufwands zum Zeitpunkt des Besserungsfalls entgegensteht.
In aktuellen Entscheidungen vom 21.02.2018, 20.07.2018 und 11.12.2018 (Az. I R 46/16, IX R 5/15 und VIII R 21/15) sieht der Bundesfinanzhof in einigen dieser Konstellationen grundsätzlich keinen Anwendungsbereich für einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO. So hat er entschieden, dass kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt, wenn die Gesellschafter einer GmbH Einlagen leisten, damit die GmbH ihre betrieblichen Verbindlichkeiten ablösen kann und die GmbH-Anteile anschließend weiterveräußert werden.
Unseres Erachtens können die Grundsätze der o.g. Urteile auch bei der Fragestellung herangezogen werden, ob die den Verlustabzug einschränkende Regelung des § 8c KStG dann (keine) Anwendung findet, wenn eine Verbindlichkeit nach Besserungsfall im Anschluss an einen Anteilsverkauf o.Ä. wieder auflebt.
Die Notwendigkeit der Prüfung einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung und des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung bleibt in solchen Fällen indes bestehen. Zudem ist im Rahmen der konkreten Umsetzung u.a. die Wirkung der Mindestbesteuerung zu beachten.
Die Entscheidung vom 20.07.2018 wurde vom BMF am 19.04.2019 als allgemein anwendbar erklärt. Die weiteren o.g. Entscheidungen sind bislang vonseiten der Finanzverwaltung unbeantwortet geblieben. Weder ist eine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt erfolgt noch wurde ein BMF-Schreiben zur Nichtanwendung erlassen. Ein gleichgelagertes Urteil vom 12.07.2012 (Az. I R 23/11) – zur alten Rechtslage des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 4 EStG – wurde noch mit einem Nichtanwendungserlass belegt. Eine (weitere) Reaktion der Finanzverwaltung ist auch im Rahmen des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens des Jahressteuergesetzes 2019 denkbar.
Unser Praxis-Tipp für Sie:
Wir empfehlen Ihnen bei einem geplanten Verkauf einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung mit steuerlichen Verlustvorträgen und einem bestehenden Gesellschafterdarlehen die Anwendung der genannten Urteile zu prüfen.
Für Fragen zu diesem Thema steht Ihnen gerne zur Verfügung:
Herr Holger Baumgart (+49 6227 3090-180) – holger.baumgart@wipfler-partner.de